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«Ich würde nie mit einer Celebrity arbeiten!»

Im aktuellen GfM-Marketing-Check unterhielten wir uns mit Michael Schrage, Innovationsexperte am Center for Digital Business der MIT Sloan School, erfolgreicher Buchautor und Referent an der diesjährigen GfM-Marketing-Trend-Tagung.

Interview: Salar Bahrampoori
Bild: GfM

An welche Marke Ihrer Kindheit oder Jugend erinnern Sie sich am besten?
Da kommt mir sofort Sport in den Sinn – bei mir gings damals um Baseballschläger und -handschuhe, um Fussball. Das heisst also Marken wie Wilson Jack Kramer, Spalding Balls, und da war noch eine, aber die kann ich gerade nicht abrufen.

Mit welchem Produkt, mit welcher Marke beginnt Ihr Tag?
Das ist einfach: mit meinem Samsung oder meinem iPhone! So ist das heute: Wir starten den Tag mit einem Stück Markentechnologie – nicht mit einem kuscheligen Kissen oder bequem unter der Decke.

Und mit welchem Produkt beschliessen Sie den Tag?
Das ist je nach Stimmung ein Corona oder ein Wodka – bei Letzterem tue ich mich schwer, mich auf eine Marke festzulegen. -Sagen wir mal Tito’s. Ja, ein Tito’s-Vodka passt.

Welches Produkt oder welche Firma steht heute für exzellentes Marketing?
Apple ist sicher ein exzellenter Vermarkter, JetBlue auf jeden Fall auch – das sind die zwei, die mir als Erstes in den Sinn kommen.

Und welche Schweizer oder internationale Persönlichkeit steht für Sie für exzellentes Marketing?
Persönlich unterscheide ich da zwischen Marketing und Eigenwerbung. Kim Kardashian leistet hervorragende Eigenwerbung, aber ganz ehrlich: Ich mag kein Celebrity-Marketing. Im Gegenteil: Ich bin strikt gegen diese Form von Marketing. Aber da Sie mich das hier in der Schweiz fragen, muss ich zugeben: Ich mag Roger Federer.

Fragen wir trotzdem: Wenn Sie mit einer Berühmtheit zusammenarbeiten müssten, für wen würden Sie sich entscheiden?
Vergessen Sie’s! Ich würde nie mit einer Celebrity zusammenarbeiten. Ich gehe sogar noch weiter und sage: Es ist gefährlich, eine Marke auf einer Berühmtheit aufzubauen. Natürlich ist es wunderbar, wenn ein Promi Ihr Markenprodukt benutzt, aber sie oder er sollte nicht Teil des Markenwertes sein.

Was würden Sie denn stattdessen empfehlen?
Ich stehe auf echte Menschen! Ich will hören oder lesen, was die Marke für die Menschen da draussen leistet, in ihrem Alltag oder -ihrem Umfeld – nicht, was irgendein Promi davon hat. Apple oder JetBlue, die ich vorher erwähnt habe, machen das hervorragend. Zwar bindet Apple den einen oder anderen Star ein, aber viel aussagekräftiger ist es, wenn eine Berühmtheit in ihrem gewöhnlichen Alltag ein bestimmtes Produkt, vielleicht eben von Apple, selbstverständlich einsetzt. Beide, Apple und JetBlue, feiern und inszenieren in ihrer Werbung das Markenerlebnis, und das ist der richtige Weg: Das Markenerlebnis muss im Fokus stehen, nicht irgendein Star, egal, wie bekannt sie oder er sein mag.

Was sind aktuell die grössten Herausforderungen im Marketing?
Unternehmen dazu zu bringen, schnelle, einfache und günstige Experimente zu wagen, statt auf teure, zeitraubende und oft nur beschränkt aussagefähige Analysen zu setzen.

Wie halten Sie sich über Entwicklungen im Marketing à jour?
Ich höre meiner Frau zu – sie leitet ein Marketingunternehmen. Ich lese die Financial Times und das Wallstreet Journal. Und ich habe zum Glück ein Netzwerk, das mir aktiv interessante Artikel oder Studien zuführt.

Wie setzen Sie Ihr Marketingbudget ein? Welches sind die Schwerpunkte?
Ich habe keins! Ich bin Lehrer und Forscher, mache allenfalls noch gewisse Beratungen. Wenn meine Kunden, meine Schüler oder meine Kollegen keine Werbung für mich machen, hat mein Marketing versagt. Oder anders gesagt: Meine Arbeit spricht für sich!

Fragen wir anders: Was würden Sie einer Firma empfehlen?
Es gibt hier keinen richtigen oder falschen Weg, auch nicht zwei oder drei Wege. Es gibt aber grundlegende Prinzipien, wie ich das an der GfM-Marketing-Trend-Tagung angesprochen habe: Ein Unternehmen muss das Leben der Kunden besser machen. Es reicht nicht, sie zu amüsieren oder zu unterhalten; es reicht auch nicht, ihnen eine bestimmte Sorge abzunehmen. Echte Innovation investiert in das Human Capital der Kunden. Also ist es die Aufgabe des Marketings, Kunden wertvoller zu machen, nicht einfach nur glücklicher.

Welche Technologie hat aktuell den grössten Einfluss auf Ihre Arbeit?
Ohne Zweifel lernende Maschinen! Selbstlernende Software oder Infrastrukturen sind enorm wichtig: Wie lehren wir Computer oder Systeme, aus den Unmengen an Daten zu lernen, sich eigenständig weiterzuentwickeln – immer besser zu verstehen, was Menschen wollen, wie Prozesse ablaufen und so weiter? O ja, maschinelles Lernen ist definitiv extrem wichtig.

Ausserhalb Ihrer eigenen Branche, wo suchen Sie nach neuen Impulsen oder Ideen?
Die grösste Inspiration finde ich bei Menschen, die meine Ausführungen ernst nehmen, einzelne Punkte aber auch kritisch und oft überraschend hinterfragen. Ich suche nicht in erster Linie nach Menschen, die mir beipflichten, oder nach solchen, die mich kritisieren. Fruchtbar sind Gespräche mit Menschen, die mitschwingen, dabei aber auch neue Fragen stellen oder überraschende Verbindungen herstellen.

Push or Pull, Herr Schrage

Henry Ford versus Steve Jobs?
I knew Steve Jobs, so I say Henry Ford.

Silicon Valley versus Silicon Beach?
Silicon Beach.

Shareholder value versus customer value
Customer Value, no question! This is how you get shareholder value in the first place.

Snapchat versus Facebook
My brother works for Facebook, so I won’t say Snapchat.

Tesla versus Mercedes-Benz
Mercedes-Benz.

Big Mac versus Bratwurst
Bratwurst.