Überleben 2020

Der Mittelstand verliert den digitalen Kunden

Die Vivaldigroup hat eine Studie mit dem Titel ÜBERLEBEN 2020 herausgegeben, die sich mit dem Thema  deutscher Mittelstand und digitale Revolution beschäftigt. Die zentrale Erkenntnis:

“Der Mittelstand verliert den Kampf um die digitaleKundenschnittstelle. Die Unternehmen fühlen sich von externen Marktteilnehmerngetrieben und verzetteln sich in Ressourcenallokation und Maßnahmen der digitalenTransformation. Die zunehmende Transparenz im Markt wird als Bedrohungempfunden, die eigene Kernkompetenz verliert an Differenzierungskraft undOrganisationen sind mit dem Wandel überfordert – doch eine Strategie, die dementgegenwirkt und den Kunden als wichtigsten Erfolgsfaktor in den Fokus rückt, bleibt aus.”

GfM hat bei Roland Bernhard, Senior Partner von Vivaldi, nachgefagt, wie es denn diesbezüglich in der Schweiz aussehe. Hier seine Antwort:

“Für ÜBERLEBEN 2020 wurden 259 Entscheider des deutschen Mittelstandes befragt. Doch aus meiner Erfahrung mit KMUs im deutschsprachigen Raum gehe ich davon aus, dass sich die Erkenntnisse sehr gut auf die Schweiz übertragen lassen. Die repräsentative Studie von Vivaldi zeigt:

Der Grossteil des Mittelstandes ist mit der digitalen Transformation überfordert:

Der Kunde bleibt auf der Strecke. 79% der Befragten sehen technische, prozessuale oder organisatorische Fragen als Hauptherausforderung, nur 9% denken dabei an den Kunden. Die Chance einer verbesserten Kundenbeziehung oder -ansprache wird vertan, neue Marktteilnehmer drängen sich zwischen Hersteller und ihre Kunden.

Widerspruch zwischen Vorgeben und Handeln

Die Bedeutung der Digitalisierung scheint erkannt, jedoch bleiben die digitalen Interaktionsmöglichkeiten grossteils ungenutzt. Ein Viertel der Unternehmen verzichtet auf E-Mail-Kommunikation, über die Hälfte auf Website-Interaktion. Insbesondere Dialogmedien wie Chats und Communities sind mit 33% unterentwickelt – offenbar besteht kein Interesse an Kundenfeedback. Und die Transformation von digitalen Kundenschnittstellen in Umsatzpotentiale gelingt nur gut der Hälfte der Unternehmen. «Insgesamt ein erhebliches Potential, das unausgeschöpft bleibt», sagt Co-Autor Marc Scherer.

Kernkompetenz durch Transparenz und Austauschbarkeit bedroht

Zwei Drittel der Befragten befürchten zunehmenden Wettbewerb durch die gestiegene Transparenz. «Die traditionellen Geschäftsmodelle des Mittelstands sind massiv bedroht, die Digitalisierung fördert die radikale Veränderung der Marktmechanismen», so Scherer. Angebote werden austauschbar: 40% sehen in der eigenen Kernkompetenz kein Differenzierungsmerkmal mehr, innovative Serviceangebote werden zu Kauftreibern.

Entscheider fühlen sich getrieben, agieren reaktiv und verzagt

Anstatt die Digitalisierung proaktiv zu treiben, fühlen sich 64% der Entscheider durch den Wettbewerb unter Druck gesetzt. Knapp 70% sind der Überzeugung, «die gleichen Kontaktpunkte wie der Wettbewerb bedienen zu müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben». Diese reaktive und ängstliche Haltung manifestiert sich besonders deutlich in der Offenbarung von 44% der Befragten, erst zu reagieren, wenn sich Standards in der Branche entwickelt haben. Zudem mangelt es an klaren Prioritäten: Viele Entscheider sehen die Gefahr, sich in Digitalisierungsmassnahmen zu verzetteln..

Keine strategische Führung 

Das Kernproblem ist der Mangel an strategischer Führung. Bei 41% der Unternehmen wird der Transformationsprozess nicht aktiv durch das Top Management gestaltet. Zudem geben nur gut 60% der Unternehmen an, sich konkrete Digitalisierungsziele gesetzt und Massnahmen abgeleitet zu haben. Und nur die Hälfte steuert systematisch durch digitale KPIs. Entsprechend gross ist der Respekt vor den Herausforderungen für die Organisation. Knapp die Hälfte der Unternehmen sieht sich organisatorisch noch nicht für die Digitalisierung gewappnet.”

Die Pressemeldung zu ÜBERLEBEN 2020 sowie Publikationen dazu in verschiedenen Medien finden Sie bei Vivaldi